Im Jahr 2015 führte ein gemeinsames Anliegen und Sorge unter Stakeholdern des wissenschaftlichen Publikationssektors zur Gründung von „Think.Check.Submit.“. Diese Initiative entstand aus dem Erkennen der Bedrohung, die von betrügerischen Verlagen, sogenannten „predatory publisher“, ausgeht und der damit verbundenen Notwendigkeit, Forschende dabei zu unterstützen, fundierte Publikationsentscheidungen zu treffen.
Gründungsorganisationen und Grundsätze
Das Gründungskonsortium bestand aus branchenübergreifende Organisationen. Heute sind dies die Association of Learned and Professional Society Publishers (ALPSP), die Association of University Presses (AUP), das Committee on Publication Ethics (COPE), das Directory of Open Access Journals (DOAJ), die International Association of STM Publishers (STM), ISSN International Centre, die Ligue des Bibliothèques Européennes de Recherche (LIBER), die Open Access Scholarly Publishers Association (OASPA) und die United Kingdom Serials Group (UKSG).
Im Mittelpunkt der “Think.Check.Submit.“-Kampagne stehen sorgfältig ausgearbeitete Checklisten, die derart gestaltet sind, dass sie Wissenschafter*innen das notwendige Rüstzeug in die Hand geben, um die Glaubwürdigkeit potentieller Publikationsmedien beurteilen zu können. Diese Checklisten regen zu kritischen Fragen an: Ist der Verlag transparent ausgewiesen? Sind die Publikationen seriös und passen sie zum eigenen Forschungsgebiet? Auch gibt es ein Video, das bereits auf zahlreichen Bibliotheks- und Verlagswebseiten integriert wurde.
Diese Grundpfeiler haben sich seither nicht geändert. Think.Check.Submit. sagt Wissenschafter*innen nicht, wo sie publizieren sollen oder welche Verlage vertrauenswürdig sind. Vielmehr zielt diese internationale, sektorübergreifende Initiative darauf ab, mit einer Reihe an Werkzeugen und praktischen Ressourcen, Forschende zu sensibilisieren, Integrität zu fördern und Vertrauen in zuverlässige Forschung und Publikationen zu schaffen.
Das Think.Check.Submit.-Gremium ist der Ansicht, dass Watchlisten von betrügerischen bzw. skrupellosen Verlagen subjektiv und daher nicht transparent sind und unmöglich aktuell gehalten werden können. Einen solchen Zugang zu wählen, wäre mit dem Fokus der Kampagne, nämlich Forschende zu ermutigen bei der Beurteilung von Verlagen Qualitätskriterien heranzuziehen, nicht kongruent und vereinbar. Auch lassen Watchlisten keinerlei Nuancierung zu. So kann es beispielsweise sein, dass neuere Zeitschriften noch nicht geprüft wurden und daher in den Listen nicht enthalten sind. Gleichzeitig garantiert aber das Fehlen einer Zeitschrift, oder eines Verlages auf einer der Watchlisten nicht, dass diese bzw. dieser tatsächlich ach ethischen Grundsätzen agiert.
Think.Check.Submit. wird von Bibliotheken unterstützt, idie m Austausch mit Angehörigen ihrer Universitäten stehen, wie auch von Verlagen, die die Botschaft an Autor*innen in den wissenschaftlichen Fachgebieten ihres Verlagsportfolios weitergeben, wenngleich Forschende die primäre Zielgruppe sind.
Entwicklungen im Lauf der Zeit
Think.Check.Submit. hat immer schon eine globalen Ausblick gehabt, so haben Freiwillige die Checklisten in mehr als vierzig Sprachen übersetzt. Im Laufe der Jahre hat Think.Check.Submit. seinen inhaltlichen Fokus geweitet und thematisiert nun auch betrügerische Praktiken im Rahmen von Buchpublikationen. Die Aufnahme der Online Library of Open Access Books (OAPEN) als eine der unterstützenden Organisationen in 2019 markiert einen strategischen Meilenstein und unterstreicht das Engagement und den Einsatz von Think.Check.Submit. zur Bekämpfung betrügerischer Praktiken in unterschiedliche Publikationsformaten. Eihergehend wurde in 2020 eine auf Bücher und Buchkapitel zugeschnittene Checkliste erstellt.
Das Think.Check.Submit.-Gremium hat die Website in 2022 neugestaltet, um die User Experience und Zugänglichkeit zu verbessern. Auch spiegelt die verstärkte Einbindung der Community durch Webinare und Präsentatione das proaktiven Bestreben mit verschiedenen Interessensgruppen in Kontakt zu treten wider. Im Jahr 2023 hat das Gremium ein aktualisiertes Video veröffentlicht, um Forschende zu unterstützen. Dieses wurde in den letzten sieben Monaten bereits von mehr als 3.400 User*innen angesehen. In Kürze wird auch eine japanische Übersetzung des Videos veröffentlicht, da die Think.Check.Submit.-Website sehr häufig von Japan aus aufgerufen wird.
Herausforderungen, Gefahren und Chancen
Predatory Journals beuten Autor*innen aus, indem sie Gebühren in Rechnung stellen, jedoch die entsprechenden, von einem seriösen Verlag zu erwartenden Services oder Leistungen nicht erbringen. Dieses unethische Verhalten stellt ein erhebliches Risiko für Autor*innen dar, die dazu verleitet werden könnten, ihre Arbeit in diesen Zeitschriften einzureichen. Wenn sie später den wahren Charakter des Journals erkennen, müssen sie unter Umständen mit erheblichen Gebühren rechnen, um den Artikel zurückziehen zu können. Auch ist es für sie schwierig ihre Forschungsergebnisse in einer angesehenen Zeitschrift veröffentlichen, da viele Ergebnisse, die bereits anderswo veröffentlicht wurden, nicht berücksichtigen. Darüber hinaus kann der Ruf eines/r Wissenschaftler*in dauerhaft geschädigt werden, wenn sich auf der Publikationsliste ein Predatory Journal findet.
Wenn ein Artikel einer Autorin oder eines Autors in einem Predatory Journal veröffentlicht wird, besteht die Gefahr, dass dieser nie gelesen, zitiert oder langzeitarchiviert wird. Predatory Verleger versagen oft darin sicherzustellen, dass ihre Zeitschriften indexiert oder in zugänglichen Datenbanken archiviert werden. Auch garantieren sie nicht die langfristige Verfügbarkeit der Inhalte. Die mangelnde Qualitätssicherung ist ebenfalls eine Bedrohung: So können Arbeiten, für die es keine Peer Review gab, nicht nur andere Forschende in die Irre führen sondern auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft untergraben.
Die größte Herausforderung bei der Bekämpfung von Predatory Publishern ist scheinbares Wachstum und ihr zunehmendes betrügerisches Vorgehen. Es gint zuweilen die Vorstellung, dass Predatory Publisher simpel und leicht zu erkennen sind, doch greifen diese zunehmend zu hinterlistigen Methoden. Beispielsweise verwenden sie Namen, die angesehenen Verlagen und Zeitschriften ähneln, oder Social-Media-Handles, die leicht mit etablierten Marken verwechselt werden können. Erst kürzlich wurden wir an die irreführende Natur von Predatory Verlegern erinnert: Ein erfahrener Wissenschaftler informierte uns, dass ein Kollege aus seinem Fachgebiert auf der Website einer Zeitschrift als Editorial Board-Mitglied gelistet wurde. Nachdem der Wissenschaftler seine Arbeit bei besagter Zeitschrift eingereicht und festgestellt hatte, dass es sich um ein Predatory Journal handelt, kontaktierte er den Kollegen, da er Mitglied im Editorial Board war. Dieser bestätigte, dass er noch nie zuvor von der Zeitschrift gehört hatte und für diese nicht tätig sei. Der Vorfall unterstreicht deutlich die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Zeitschrift bevor eingereicht wird.
Think.Check.Submit. erhält aber auch positive Rückmeldungen von den Benutzer*innen der Tools. Wir sind also sehr dankbar für die Unterstützung von Wissenschaftler*innen und Bibliothekar*innen auf der ganzen Welt, die sich freiwillig an der Übersetzung der Tools in ihre jeweiligen Sprachen beteiligen.
Think.Check.Submit. ist eine kleine, non-profit Initiative. Unser Vorteil liegt in der Fähigkeit rasch auf Veränderungen im Bereich wissenschaftlicher Kommunikation reagieren zu können. Unser beschränktes Budget limitiert jedoch den Umfang der Arbeit, die wir leisten können. Nichts desto trotz bleibt unser Gremium darauf fokussiert unsere Arbeit und Bemühungen so zu priorisieren, dass unsere Ressourcen dort eingesetzt werden, wo sie die größte Wirkung entfalten können.
Think.Check.Submit. dient unterschiedlichen Interessensgruppen, darunter jene Organisationen, die unsere Aktivitäten finanzieren sowie jene Organisationen, die weltweit an wissenschaftlichen Kommunikation teilhaben – seien es nun Bibliotheken, Verlage, oder Autor*innen. Was uns alle eint, ist das gemeinsame Engagement für die Integrität des wissenschaftlichen Publizierens und die Entschlossenheit, die Bedrohung, die von Predatory Zeitschriften ausgeht, einzudämmen.
Gegenwart
Think.Check.Submit. wird auch weiterhin von einem Zusammenschluss aus Freiwilligen und beitragenden Organisationen unterstützt. Das Gremium ist bestrebt, seine globale Reichweite zu vergrößern, wobei der Schwerpunkt auf der fortlaufenden Einbindung von Universitäten und Bibliotheken liegt. Katherine Stephan, die UKSG-Vertreterin der Bibliotheks-Community an der Liverpool John Moores University, hat kürzlich einen Videoleitfaden für die Bibliotheksgemeinschaft erstellt. Seit kurzem freuen wir uns auch über die Unterstützung österreichischer Universitäten und Bibliotheken sowie die Zusammenarbeit mit der wissKomm Community of Practice.
Für die nächsten zwei Jahre sind weitere Entwicklungen geplant, dies beinhaltet unter anderem die Ausweitung der Übersetzung unserer Ressourcen sowie die Gewährleistung zeitnaher Updates. Das Gremium hat sich zum Ziel gesetzt, unsere Reichweite auf ein internationales Publikum auszuweiten und mehr Möglichkeiten zu schaffen, sich bei Think.Check.Submit. zu engagieren und einzubringen. Das Gremium wird die Bibliotheks-Community auch bestärken und unterstützen Think.Check.Submit.-Ressourcen und -Leitlinien auf den Webseiten der Universitäten zur Unterstützung der Forschenden einzubinden. Im Rückblick auf neun Jahre Entwicklung betont Think.Check.Submit. die Bedeutung von Reaktionsvermögen und Anpassungsfähigkeit. Die Initiative reagiert auf das Feedback ihrer Nutzer*innen, indem sie die Checklisten und Ressourcen aktualisiert, um sicherzustellen, dass sie in einem sich wandelnden Umfeld der wissenschaftlichen Kommunikation und im Kampf gegen immer raffiniertere und betrügerische Raubverlage relevant bleiben.
–> Kommentare bitte unter der englischen Version dieses Posts (gerne auf deutsch)!